La Sportiva Ganda

Zustiegsschuhe La Sportiva Ganda im Test

Laufen und Klettern mit nur einem Schuh

La Sportiva Ganda – mein Favorit bei Passform und Performance 2011

Ich kann mich noch genau an das erste Mal erinnern, als ich den Ganda am Fuss hatte. Mein erster Eindruck war damals: „Wow, der ist aber eng!“. Nach dem ich mehrere Größen durchprobiert hatte, fand ich auf Anhieb nichts was mich zum Kauf bewegt hätte und lies den Schuh im Laden. Im Sommer´11 gaben meine geliebten und geschätzten Scarpa Zen den Geist auf. Die Sohle unter dem Fussballen war auf eine komische Art und Weise kaputt und löste sich an der Ferse massiv ab. Ein neuer Zustiegsschuh musste her. Da ich langsam von Made in China und Gore Tex die Nase voll hatte, wollte ich entweder einen „deutschen“ oder italienischen Schuh kaufen. Nach wirklich langem hin und her entschied ich mich für La Sportiva Ganda und hatte das Glück ein neues Paar im WWW. zu ersteigern.

Den Rest des Sommers verbrachte ich im Gebirge und konnte den Ganda sowohl beim Klettern als auch beim Laufen auf ein Paar Proben stellen. Meinen Eindruck von diesem Schuh nach einem 3 monatigen Praxistests soll dieser Testbericht nun widerspiegeln.

Optik, Verarbeitung

vorne unauffällig hinten knallig

Die Optik des Ganda´s ist relativ auffällig. Der Schuh wird durch drei Farben dominiert: (La Sportiva) Gelb, Schwarz und Grau. Die Kombination dieser Farben ist den Designern (in meinen Augen) extrem gut gelungen. Jedenfalls ist Ganda ein knöchelhoher, leichter Bergschuh mit einem sehr hohen Wiedererkennungswert. Dominiert wird die Optik von der runden, recht Klobig wirkenden Spitze, der tief, bis nach ganz vorne reichenden Schnürung sowie dem großen La Sportiva Logo auf der Aussenseite. Dieses Logo wirkt wie ein Stempel, welches von den Designern diesem Schuh aufgedrückt wurde. Insgesamt ist das Äussere für einen Bergschuh super schick. Für den Gebrauch im Alltag zwar etwas auffällig, denn man zieht schon die Blicke in der Stadt auf sich. Die Blicke der anderen sind mir egal – also beide Daumen hoch für das Aussehen und die Arbeit der Kreativabteilung von La Sportiva.

Die Verarbeitung ist perfekt

Die Verarbeitung war einer der Gründe wieso ich mich für diesen Schuh entschieden habe. Von den Kletterschuhen der italienischen Bergschuhschmiede bin ich sehr gute, extrem haltbare Fertigung gewohnt. Dieser Zustiegsschuh hat alle meine Erwartungen und Hoffnungen erfüllt. Bereits die erste Berührung vermittelt einen Eindruck der Passion dessen Produkt dieser Schuh letztendlich ist. Man hat sofort Vertrauen in das Schuhwerk und zweifelt keinen Moment an der Kaufentscheidung. Der Schaft ist sowohl Außen als auch Innen super sauber vernäht und mit der Sohle verbunden. Alle weiteren Details: von Schnürsenkeln bis zu den Anziehschlaufen sind einfach nur perfekt gearbeitet und überzeugen von Beginn an mit tollen Haptik. Die Sohle selbst ist sauber geschliffen und verklebt. Alles was außen am Schuh ist, macht einen haltbaren und langlebigen Eindruck. Alles in einem kann ich auch hier ohne schlechtes Gewissen beide Daumen nach oben nehmen!

Konstruktion

Das grauer Teil der Sohle ist die Dämpfung des Ganda´s

Laut La Sportiva steckt in diesem Schuh viel Entwicklungsarbeit und viele neue Innovationen. Das Ziel war es wohl, einen Schuh zu schaffen, welcher sowohl zu klettern als auch und zu „hiken“ im Stande ist. Nun, dazu haben die Entwickler einen Kletterschuh mit einem halbhohen Zustiegsschuh gekreuzt. Man kann ohne weiteres den Schuh in zwei Teileaufteilen. Der vordere Teil ähnelt mit der tief reichenden und detaillierten Schnürung

Das Randgummi ist solide und nicht pseudo-schützend

und der Spitze sehr stark einem Kletterschuh. Das solide Randgummi ist da mehr als Schutz der Zehenkappe, welches oft als solches bei anderen Modellen auftaucht. Der vorderer Teil ist ein recht grober, robuster und etwas unpräzise wirkender vollwertiger Kletterschuh. Anders sieht es mit dem hinteren Teil aus. Alleine und losgelöst von der Spitze betrachtet ist der Fersenbereich ein waschechter stabiler Zustiegsschuh.

Die Ferse ist recht schlank und trotz der Stöckelschuh-Optik echt stabil

Die Ferse ist recht fest und bietet durch die recht steife Konstruktion viel Halt. Die Dämpfungseigenschaften der Sohle in diesem Bereich sind von Beginn an nicht mit einem Laufschuh zu vergleichen, was sicher an der recht robusten und alles andere als weichen Schaumstoffschicht im Bereich der Ferse liegt. Insgesamt wirkt die Ferse von der Sohle bis zur Anziehschlaufe wie aus einem Guss. Am Hinterteil ist der Schaft mit einem Randgummi gegen spitze Steine und Formverlust geschützt. Synthetische „Bänder“ umfassen den Schaft von hinten und schützen das gelbe Leder recht großflächig. Am meisten begeistert mich die richtig „männliche“ Anziehschlaufe. Sie ist starr und breit. Man muss nicht popeln, um mit dem Finger rein zu kommen und kann ganz entspannt den Ganda ainziehen – einfach Spitze!

Der Schuh wirkt klobig – keine Frage… die Leistung stimmt aber!

Da wo die Schnürung durch die vielen Löcher bis nach ganz vorne reicht, kann eine entsprechend lange Zunge nicht fehlen. Sie ist mein persönlicher Knackpunkt der Konstruktion. Da sie ziemlich dick ist, schützt sie den Fuss gegen den Druck der Schnürung perfekt . Durch ihre Dicke und die Befestigung lediglich an der Spitze, drückt sie jedoch auf die Zehen und rutscht beim Anziehen immer nach vorne. Des Weiteren gelangt im sandigen oder erdigen Gelände ziemlich viel Dreck durch den seitlich entstehenden Spalt, zwischen Schaft und Zunge. Wenn es konstruktionsbedingt möglich ist wäre hier eine seitliche Fixierung wünschenswert.

Das Innere ist ebenfalls zweigeteilt. Während man vorne keine Fütterung findet, ist das Hinterteil sehr kuschelig und angenehm gefüttert. Sehr positiv und gelungen finde ich auch die Polsterung im Bereich des Sprunggelenkes. Zusammen mit der ebenso kuschelig gefütterten Zunge ergibt sich ein phänomenales Tragekomfort.

Die Noppen sind das markante Merkmal. Man beachte wie flach die Sohle ist

Die Sohle ist weitestgehend flach und hat im Bereich des Mittelfusses keine für solche Schuhe typische Wölbung. Dieser Merkmal in Verbindung mit der recht ausgeprägten Steifigkeit im Bereich der Zehengrundgelenke erinnern mich ungewollt an so manches Bergschuh Modell. Das Gummi stamm wie immer von Vibram und weist ein Saugnoppen Profil auf. Die Stollen sind nicht besonders hoch und saugen sich im Neuzustand förmlich an den glatten Boden. Ein Effekt welcher schnell nach Gebrauch vergeht.

extrem feine Details sin dein Kennzeichen des Ganda´s

Insgesamt ist die Konstruktion, sehr wohl überlegt und zum größten Teil super durchdacht. …(fast vergessen)… Ein anatomisches Fussbett samt Einlage runden diesen modernen halbhohen Bergschuh ab.

Passform und Größe

Wie anfangs bereits erwähnt: die Passform des Ganda ist eine Sache für sich. Letztendlich sitzt der Schuh im Zehenbereich sehr eng. Man hat das Gefühl einen sehr bequemen Alpinkletterschuh an zu haben. Beim Gehen ist dieses Gefühl anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, wenn man weitere Schuhe gewohnt ist. Auf der anderen Seite, kann man den Schuh dank der sehr präzisen Schnürung die Passform sehr fein einstellen. Da die Größe 43,5 EU sich nicht wesentlich weiter und bequemer angefühlt hat, habe ich mich für

Die Justierung der Schnürung macht nahezu alles an Fussformen-Lösungen möglich

meine normale Schuhgröße 43 EU entschieden. Diese passt im wahrsten Sinne des Wortes wie angegossen und hatte beim Ausprobieren eine deutliche bessere Kletterperformance. Die Größenwahl habe ich bis heute nicht bereut – dank des Leders passt sich der Schuh an den Fuss und man bekommt einen echt super sitzenden Bergschuh. Die Passform ist an alle Fußtypen gerichtet und ist recht neutral. Ich mit meinem quadratischen Fuß, hatte von Beginn an wenige Schwierigkeiten mit den Druckstellen im Zehenbereich. Das gab sich nach einem kurzen Eingehen wieder.

Das anatomische Fußbett und die Einlage passten mir nicht so gut, wie die Form des Salomon XA Pro. Nach 15 Minuten schmerzte das Fußgewölbe und ich tauschte die La Sportiva Einlegesohlen gegen meine bewährten orthopädischen Einlagen aus. Seit dem ist alles erste Sahne. Die Konstruktion der Sohle bringt sehr viel Stabilität mit sich, Antisupinationsstützen hat La Sportiva nicht benutzt, was aber auch nicht notwendig ist, man hat von Beginn an nicht das Gefühl umknickgefährdet zu sein. Ansonsten kann man noch die super passende, auch für schmale Fersen geeignete, Hinterteilkonstruktion des Ganda hervorheben. Selten hatte ich einen Schuh an, bei dem meine Ferse sich so dermassen wohl fühlte.

Dieses Gummiband schützt das Leder der Ferse vor Schäden

Insgesamt sollte man sich beim Kauf an der Strassenschuhgröße orientieren. Da die Stärke des Schuhs im Kletterbereich liegt, würde ich diesen Trumpf nicht mit einem zu groß gewähltem Schuh verspielen. Einlaufen und mit der Schnürung Experimentieren, brachten bei mir ein super Passform Ergebnis, so dass ich die relativ enge Größenwahl nicht bereue.

Performance – wie klettert sich der La Sportiva Ganda

ist zwar gut steif biegt sich aber bei 80kg schon durch…mangels Foto in Touren hier an einer Steinmauer

Ich sprach bereits von den Klettertalenten des Ganda. In der Tat kann man mit diesem Bergschuh außergewöhnlich gut Antreten, Stehen und auch Hooken. Sowohl beim Bouldern am Plastik als auch in MSL Routen war ich jedes mal überrascht und begeistert, von der Reibung der Sohle, der Präzision und dem Gefühl dieses Teils. So gut und entspannt konnte ich noch mit keinem Schuh klettern. Trotz der dicken Sohle und der orthopädischen Einlagen fühlte ich was man unter dem Schuh hatte, zwar nicht detailliert aber ausreichend, um über dem Hacken stehend entspannt die Züge zu machen. Nimmt man die Einlagen raus und zieht die Schnürsenkel vorne fester an, so bekommt man noch mehr Stabilität auf Kanten und mehr Gefühl unter dem Zeh.

La Sportiva Ganda passt zum Gelände nicht nur im Herbst optisch gut

Ich kletterte mit dem Ganda einige leichte MSLRouten und bin immer noch begeistert und von dem „Können“ des Schuhs überzeugt. Es handelte sich natürlich um Touren weit unterhalb meines Limits, dennoch wäre ich in denen ungern mit anderen Zustiegsschuhen unterwegs gewesen. Sowohl auf Reibungsplatten im oberen 5ten UIAA als auch an kleinen Überhängen leistete Ganda wirklich tolle Arbeit und stand alles tadellos weg. Selbst das Hooken geht dank des Gummirandes an der Ferse bei Bedarf recht vernünftig. Natürlich alles im Rahmen des möglichen, aber immer hin. Ich kann mich nur wiederholen: für einen Zustiegsschuh ist das Klettern einfach phänomenal.

Das Gehenbereitete mir von Anfang an mehr Sorge. Die Angst vor Schemrzen war jedoch unbegründet, wie sich später herausstellte. Ganda lief sich bis jetzt in jedem

Egal ob Gras, Laub oder Geröll – die Sohle hält

Gelände super. Auf Schotterwegen rutschte er Berg auf und ab kein Millimeter, auf nassen Wiesenhängen biss er sich trotz des recht flachen Profils sauber rein. Über seine Traktionseigenschaften im matschigen und grasigen Gelände bin ich am meisten überrascht, da ich den Stollen sehr viel weniger zugetraut hätte. Trotz der halbhohen Bauweise, hatte Ganda für mich genug Unterstützung in Geröll sowie bei Abstiegen. Für lange Wanderungen mit viel Gepäck, würde ich zwar einen vollwertigen Stiefel nehmen, aber für Zustiege von bis zur maximal 2 Std. gewürzt mit leichten Klettereien, felsige Gratüberschreitungen, lange, leichte Routen, sowie sportliche Klettersteige ist La Sportiva Ganda optimal. Auch für Boulderparcoure a la Fontainebleau ist dieser Schuh super, denn man spart sich das lästige An- und Ausziehen und kann ganz entspannt leichte bis mittelschwere Boulder schnell abhacken.

Diesem Schuh können die fleischfressenden Risse nicht so schnell was anhaben

Breite Füße könnten lediglich Probleme an den kleinen Zehen bekommen, welche sich mit der Zeit durch personalisierte Passform geben. Die Probleme beim mir äußerten sich in Druckstellen an den kleinsten Zehen, nach einer kurzen Bergtour. Es wird wie gesagt besser und lässt sich durch die Schnürung ganz gut regeln.

Der Schuh ist nicht sonderlich dünn und luftig, somit taugt er super für Nordwände im Sommer. An richtig warme Tagen, hat man in einer großen Wand ziemlich schwitzige Füße, aber immer noch deutlich angenehmer als Gore Tex. Alles in einem kann man mit dem La Sportiva Ganda sehr gut klettern und nach einer Zeit gut zusteigen.

Haltbarkeit

Bereits nach wenigen Malen der Nutzung sind deutliche Spuren sichtbar

Nach 3 Monaten täglichen Nutzung im Alltag, ca. 200 Klettermeter und 3000 m im Auf- und Abstieg, bin ich von der Haltbarkeit wirklich begeistert. Die Saugnoppen werden zwar recht schnell zu einfachen Stollen greifen aber immer noch super gut in jedem Gelände. Von einer durchgelaufenen oder durchgekletterten Sohle bin ich jedenfalls weit entfernt. Der Rest des Schuh´s ist super in Schuss: keine abgerissenen Schnürsenkel, aufgehenden Verklebungen und offene Nähte. Das Leder ist Top in Ordnung.

Die Schnürsenkel sind bei etwas lockeren Schnürung schon sehr knapp und gehen bei Einfachverknotung oft auf – dafür sind sie verschleißarm

Einzig an der Knickstelle des rechten Vorderfusses hat sich das Randgummi 1mm tief vom Schaft gelöst. Da an dieser Stelle entsprechende Kräfte wirken, die selbst bei Bergstiefeln das Randgummi etwas lösen, sehe ich diese Entwicklung nicht so kritisch. Das Nubukleder hat keinerlei Risse oder andere Gebrauchsschäden. Selbst Faustrisse im Kalk haben diesem robusten Material nichts anhaben können. Insgesamt kann ich sagen, dass Qualität aus Italien zwar ihren Preis hat aber alles von mir getestete „chinesische“ locker in den Schatten stellt. Weitere Erkenntnisse werde ich bei Vorkommen im weiteren Verlauf an dieser Stelle veröffentlichen.

Empfehlung/Einsatzbereich/Klettergebiet

Das Futter ist extrem geschmeidig, Die Ferse super geschnitten

Je felsiger und steiler das Gelände ist, umso mehr profitiert man von den tollen Klettereigenschaften wie Sensibilität, Stabilität und Reibung dieses Mischlings. Steigt man auf normalen Wegen zu den Felswänden kann man genau so gut andere Schuh nehmen. Letztendlich entscheidet die persönliche Vorliebe über die Frage der Notwendigkeit. Fakt ist, man kann die Schuhe den ganzen Tag anlassen ohne zu leiden und dabei super klettern und latschen.

Fazit

Die anfängliche Skepsis bezüglich der Geheigenschaften und Alltagstauglichkeit haben sich nicht bewahrheitet. Ganda begleitet mich Tag ein Tag aus. Er drückt nicht und führt meine Füße ohne umzuknicken sicher durch jedes Gelände (ganz umknicksicher ist er natürlich nicht).

Da Zahle ich gerne…

Noch nie hatte ich einen Zustiegsschuh mit dem man so gut klettern konnte wie mit dem Ganda. Den Verschleiß der Sohle muss ich zwar noch im Auge behalten aber ich bin ganz zuversichtlich. Alles in einem hat man einen Schuh für alle Fälle auf den man sich sicher verlassen kann. Wird es spezieller (sowohl beim Klettern als auch Zusteigen) ist ein Spezialist (Kletterschuh, Bergschuh) dennoch zu empfehlen. Für die oben beschriebenen Zwecke reicht mir Ganda voll und ganz. Der Preisist zwar nicht ohne aber mit etwas Glück bekommt man den Schuh für 130 €, was dem Preis jedes anderen Zustiegsschuh´s entspricht. Aus meiner Sicht kann man mit dem La Sportiva Ganda nichts falsch machen.

Da ist mein „Pärchen des Jahres 2011“

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Weitere Informationen:

Testbericht La Sportiva Ganda Guide

Testbericht Scarpa Zen

Testbericht Salomon XA Pro 3D GTX

Fussform und Passform

 

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